zur Geschichte der Vulcans Streichholzfabrik, Tidaholm (118)

Es gab eine Zeit um die Jahrhundertwende, als Vulcan in Tidaholm die größte Streichholzfabrik der Welt war. Später ist sie von einigen ausländischen Fabriken überholt worden, aber sie dürfte immer noch zu den größten der Branche gezählt werden können.

Wenn man den Anblick eines riesigen Fabrikskomplexes erwartet hat, wenn man in der kleinen Stadt bei Tidan ankommt, wird man doch enttäuscht. Die Anlage, die größtenteils hinter einer niedrigen Mauer verborgen liegt und zur anderen Seite von Wasser begrenzt wird, sieht wenig imponierend aus. Man sieht gerade eben einen Teil des Daches und den einen oder anderen Schornstein. Wiederholte Brände und die ihnen folgenden Neubauten haben das flache Gebäude verändert.

Es war 1868 als Freiherr Hans von Essen den Beschluß faßte, dort eine Streichholzfabrik anzulegen. Als Teilhaber suchte er den Großhändler Charles Bratt aus Göteborg aus, der gute Geschäftsverbindungen hatte. Bratt bemühte sich, Startkapital zu beschaffen. Direktor der Fabrik wurde von Essens Schwiegersohn G.H. Kylberg, der ein ebenso eifriger Pietist war wie sein Schwiegervater. Keiner von ihnen hatte eine Ahnung von der Herstellung von Streichhölzern, und die Stadt hatte so gut wie keine Verbindungen zur Außenwelt, abgesehen von Pferdekutschen, daß bekümmerte sie indessen wenig.

Die Fabrik bekam ein Startkapital von 45.000 Kronen und das erste Fabrikgebäude wurde 1868 fertiggestellt. Direkt nach Aufnahme der Produktion brach ein Feuer aus, und die Fabrik brannte bis auf die Grundmauern nieder. Man beschaffte neues Geld und fing von vorne an. Im Januar 1871 war eine neue Fabrik fertiggestellt, daß neue Kapital betrug 67.000 Kronen. Um die Fabrikation in Gang zu bringen, war man gezwungen, Anleihen und Kredite zu besorgen. Die Bücher von 1871 zeigen einen Verlust von 107.632 Kronen. Es zeigte sich, daß der Direktor Kylberg seine Aufgabe völlig mißverstand und sich mehr um die religiöse Bekehrung des Personals bemühte als um die wirtschaftliche Herstellung von Streichhölzern. Über die Eingänge und an die Wände der Kantine hatte er Bibelsprüche malen lassen, und wenn, was oft vorkam, ein reisender Prediger nach Tidaholm kam, wurde die gesamte Fabrik geschlossen und man ging um ihn anzuhören.

Bevor neues Kapital beschafft wurde fand eine Aussprache statt, Kylberg mußte sich verabschieden, eine neue Leitung wurde gewählt und die Führung des Betriebes zog nach Göteborg um. Daß die Tidaholmsfabrik diese schweren ersten Jahre überlebte, kann der Geduld der Aktieneigner und deren echten Glauben an die Zukunft zugeschrieben werden. Sie argumentierten, daß die Jönköpingsfabrik große Gewinne hatte, also warum sollte Vulcan nicht dasselbe schaffen? Was man brauchte war ein tüchtiger Mann, und so begann man nach einem solchen Ausschau zu halten. 1872 wurde Georg Murray als Büroleiter und ab 1875 als leitender Direktor angestellt. Zu seiner Hilfe bekam Murray einen sehr tüchtigen Mann, der Hans Gustafsson hieß. Der war ein guter Organisator und Arbeitsleiter, und zur größeren Sicherheit auch ein geschickter Chemiker. Hans Gustafsson wurde 1872 als Werksmeister angestellt und wurde 1874 Direktor des Betriebes. Diese Position hatte er bis zu seinem Tod 1905 inne.

Derjenige, der den Zündsatz verbesserte, so daß Vulcans Streichhölzer das beste Ansehen auf dem Weltmarkt bekamen, war der englische Werksmeister Charles Georg Grimes. 1879 war er von Lilla Edet (Ellbo) nach Tidaholm gekommen. Er verbesserte die sogenannten Sturmhölzer-Flaming Lights, so daß allein diese einen guten Verdienst für den Betrieb garantierten. Der Verkauf des Patentes auf diese Streichhölzer an das französische Streichholzmonopol brachte nicht weniger als 40.000 fr. Man sieht den Wert, den Grimes für die Fabrik hatte, daran, daß er einen Jahreslohn von 12.000 Kronen erhielt. Zu dieser Zeit verdiente ein Arbeiter der Fabrik 6.90 Kronen in der Woche für einen elfstündigen Arbeitstag.

Es kann immer interessant sein zu wissen, was die Aktieneigner für ihr eingesetztes Geld erhielten. Im Laufe der Jahre wurden an sie 13.014.000 Kronen ausgeteilt. Das entspricht einem regelmäßigen Gewinn in 46 Jahren von 54 % des Aktienkapitals. Es gab außerdem 2.000.000 Kronen in Gratisaktien und 1.600.000 Kronen in Verkaufsgewinnen, zusammen werden das 16.614.000 Kronen für jeden eingesetzten Tausender.

Vulcan hat eine Vielzahl verschiedener Etiketten herausgegeben, und es dürfte sehr schwer sein, alle Varianten zu bekommen. Der Globus und der Vulcan waren die führenden Marken, aber viele andere schön gezeichnete Etiketten verkauften sich gut. Obwohl die Vulcanetiketten als häufig angesehen werden, gibt es eine große Anzahl weniger häufigere, ein Teil davon kann durchaus als selten bezeichnet werden, um nicht zu sagen als Einzelstücke. Ein großer Teil dieser Aufzeichnungen stammen aus Der Geschichte Der Schwedischen Streichholzindustrie, worin Interessierte noch sehr viel mehr interessante Aufzeichnungen von dieser, von Anfang an so kopflos geplanten Fabrik, finden können.

Ich sehe es als berechtigt an, Fotos der Männer mit aufzunehmen, die das Unmögliche möglich gemacht haben. Grimes wird als " Vater " der älteren originellen Etiketten angesehen. Alle kennen ja die schönen Etiketten mit der Katze in der Kiste und dem bellenden Hund davor. Es wird erzählt, daß Grimes die Idee zu diesem Etikett hatte, als er eines Morgens seine Runde um die Fabrik mit seinem treuen Terrier machte. Dieser geriet in Streit mit einer der unzähligen Katzen, die es um die Fabrik gab, wobei sich die Szene abspielte, die auf dem Etikett abgebildet ist.

Wie alle wissen war die Firma Bryant & May lange Zeit der einzige Verkäufer für die Jönköpings Streichholzfabrik. Kylberg hatte schon 1870 eine Anzahl Kisten nach England verschifft. Ärgerlich genug für ihn war, daß er nicht den richtigen Agenten ausgesucht hatte. 1973 beschloß der Vorstand, daß Murray eine Geschäftsreise u.a. nach England machen sollte. Er hatte Glück und brachte es zustande, eine Verabredung mit Bryant & May für den Verkauf der gesamten Phosphorhölzer-Produktion der Fabrik zu treffen. Selbst die Örebrofabrik verkaufte an Bryant & May, u.a. mit dem Motiv Löwe. Ohne daß man es beweisen könnte, kann die Schlußfolgerung gezogen werden, daß der Tiger auf den drei Kartonetiketten Bryant & Mays eigene Marke war, weswegen diese Etiketten auch sowohl in Jönköping oder Örebro hergestellt worden sein könnten. Achten sie darauf, daß es Litografiska in Norrköping war, die die Etiketten gedruckt haben.

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